Bei mir begann alles mit Rückenschmerzen, die seitlich bis über die Hüfte gestrahlt haben. Als sportlicher Mensch erschrickt einen das zunächst nicht sonderlich. „Da hab ich mich wohl verhoben“ - habe ich gedacht. Mein Arzt hat dann bei der Untersuchung auch den Bauch mit abgetastet und festgestellt, dass meine linke Niere geschwollen sei und sich hart anfühle. Es folgte eine Ultraschall und dann eine Computertomographie, das ist die Art röntgenologische Untersuchung, wo man in eine Röhre geschoben und bildlich in kleine Scheiben geschnitten wird. Die Scheiben haben eine Dicke von je 5 mm und man sieht auf diesen Bildern wirklich alles, was im eigenen Körper so vorhanden ist. Das ist sehr spannend.
Der Röntgenarzt sagte dann höflich bei der Diagnose: „Herr Stromeyer, sie haben da eine Raumforderung“
„Wie bitte?“ habe ich geantwortet,

„was heißt das genau?“ und er sagte

„Nun ja, da ist Etwas, was da nicht hingehört!“

Raumforderung beschreibt mit einem Unwort, was niemand aussprechen mag. Es geht um einen Tumor. Das wird fast so gehandhabt, wie der Name „Lord Voldemort“ bei Harry Potter, wo es immer heißt: “Der, dessen Name nicht gesagt werden darf“ und wenn es dann doch jemand tut, werden alle blass oder erschrecken sich ganz wahnsinnig.

Tumor bedeutet lediglich Geschwulst auf Normaldeutsch und sagt rein gar nichts über die Art des geschwollenen Gewebes aus. Es ist ein Überbegriff.

Der Arzt hat es gut gemeint (was bekanntlich das Gegenteil von gut ist), denn durch diese Art der Mitteilung ist genau passiert, was er sicher nicht wollte. Ich bin wahnsinnig erschrocken. Auf den Bildern war mehr als deutlich ein Tumor von der Größe einer Männerfaust zu sehen. Na Prima.

Der Schock
In genau diesem Moment ist etwas Besonderes bei mir passiert. Und alle meine Mitpatienten haben mir diese Erfahrung bestätigt. Ich bekam eine Art „Klingeln im Kopf“ auf der rechten Seite. Andere sprechen davon das sie: „bis ins Mark erschüttert“ oder wie „vom Blitz getroffen“ waren. Jeder Mensch erfährt so etwas auf seine ganz persönliche Art und Weise.
Es ist zunächst ein Schock oder auch eine traumatische Erfahrung, die man da macht.
Wie man nun mit diesem ersten Schock umgeht, hat einen wesentlichen Einfluss auf den weiteren Verlauf der Genesung, sowohl im Kopf als im Körper.
Bei meinen Recherchen bin ich unter anderem auf die Theorie gestoßen, dass bei Krebspatienten spätere Metastasen folgen eines Schocks seien. An anderen stellen im Körper, zum Beispiel in der Lunge Ableger des Originaltumors gefunden wurden. Sie seien eine Folge dieses Schocks oder Ersttraumas. Wie ist das möglich?
Zu Metastasen lässt sich in der Literatur nämlich lesen, dass sie nicht im Blutkreislauf oder anderen Körperflüssigkeiten nachgewiesen werden können. Wie kommt die Zellwucherinformation dann von A nach B?
Was ist in unserem Körper in der Lage Information zu transportieren? Richtig, unsere Nerven. Deren Schalthauptzentrale ist das Gehirn. Es liegt also nahe, zu vermuten, dass wir unbewusst oder bewusst, an unserem Krankheitsverlauf teilhaben. Durch die Art und Weise wie wir denken und fühlen. Alle unsere fünf Sinne, das Sehen, das Fühlen, das Hören, Riechen und Schmecken sind in diesem neuronalen Netzwerk miteinander verbunden und verknüpft.

Was läge nun also näher, als daran gleich zu arbeiten.
Wie wäre es, wenn man sich gleich einen entsprechenden Ton oder Klang sucht, der dieses Klingeln löscht oder stoppt. Wenn man ein Gefühl findet, das die Erschütterung in ein angenehmes oder neutrales Gefühl verwandelt oder ein Bild zu Verfügung hat, dass einen - ähnlich der klaren Luft nach einem Gewitter -herrlich frei durchatmen lässt?
Diesen Gegenklang, das Gegenbild oder das Gegengefühl nennt man dann einen Anker, der in der Lage ist diesen Ausgleich zu schaffen.

Es geht noch weiter. Man wird, vor allem zu Beginn einer solchen Zeit, immer wieder mit Botschaften konfrontiert, die möglicherweise gleich noch mal in die selbe Kerbe hauen könnten, so wie die „Raumforderung“ ganz am Anfang. Ein guter Freund und Arzt, der mich vor meiner Operation untersuchte, sah sich meine Bilder an, schaute mich dann leicht grau im Gesicht an und sagte: „Scheissspiel“ und dann lange nichts . . .
In solchen Momenten ist dieser Anker, die Hilfe die man braucht. Es ist gut, wenn man etwas hat, das einen beruhigt und den klaren Blick oder den kühlen Kopf behalten lässt. Wie funktioniert so ein ein Anker? Ähnlich wie ein Kind, dass sich an seinem Bären festhält, wenn es traurig ist, können auch wir Erwachsene uns einen imaginären Bären aufbauen. Wir nennen diesen Bären lediglich Anker, die beruhigende Wirkung ist die gleiche.
Siehe auch: „Anker setzen“ im Untertitel „Mentale Programme“